Auswertung Solidarisch gegen Rechts Demo in Spandau

500 Antifaschist*innen haben am Samstag den 15. Mai in Spandau unter dem Motto “Solidarisch gegen Rechts” demonstriert und auf die Brandanschläge gegen das Hausprojekt “Jagow 15” aufmerksam gemacht.
Die Antifa-Demo war auch eine Reaktion auf faschistische Aktivitäten durch die Kleinstpartei Der 3. Weg in Spandau.
Die Demonstration führte vom Bhf Spandau über den Brunsbüttler Damm zum dort gelegenen Thor-Steinar-Laden, welcher seit seiner Eröffnung durchgängig Gegenstand antifaschistischer Proteste ist. In einem Redebeitrag thematisierte die Antifa Westberlin wie der Thor-Steinar-Laden „Nordic Company“ zu einer rechten Raumnahme in Spandau beiträgt:
“2019 bezog er den bescheidenen Kasten im Brunsbüttler Damm 112, als das Ladengeschäft in Weißensee kurz zuvor schließen musste. Wiederkehrende Kundgebungen und steigende Reinigungskosten für Fassade und Innenräume zwangen ihn schließlich zu diesem Schritt. Am neuen Standort ist er, beschleunigt durch Corona, wohl oder übel verstärkt auf den Versandhandel umgestiegen, den größten Andrang gibt es hier immer nur dann wenn wir hier stehen um ihnen zu sagen wie scheiße wir es eigentlich finden. Denn auch wenn er sich an den Stadtrand verkriecht werden wir so lange wiederkommen bis der Laden geschlossen ist.”

Über das Falkenhagener Feld führte die Demo weiter zum Hausprojekt Jagowstr. 15, aus welchem ein Beitrag über die Ereignisse der letzten Wochen zu hören war. Das Spandauer Bündnis gegen Rechts thematisierte eindrucksvoll, wie wichtig der Aufbau solidarischer Strukturen sind – vor dem Hintergrund der Kumpanei zwischen AfD und den BVV Parteien in Spandau.
Das SBgR dazu: “Wir halten Solidarität für eines der zentralen Elemente in der menschlichen Gesellschaft und so ist es vollkommen logisch, dass wir uns solidarisch mit allen erklären, die unter Ausgrenzung, Anfeindung, Rassismus, Gewalt, Morddrohungen und Mord leiden. Rassismus ist nicht einfach so da, er wird geschürt von Menschen, die sich einen persönlichen Nutzen davon versprechen. So wird die sich seit Jahrzehnten verstärkende soziale Ungleichheit gern genutzt, um Menschen gegeneinander aufzuhetzen. Nur so konnte sich eine “Alternative für Deutschland” in die Parlamente mogeln. Auch in Spandau sitzt die AfD Seite an Seite neben CDU, FDP, Grünen, Linken und SPD. Diese Mischung hat so abstruse Spuren hinterlassen wie die Benennung eines Rasenstücks am ehemaligen Kriegsverbrechergefängnis nach den Widerstandskämpferinnen der Weißen Rose, die ihr Ende auf dem Schafott der Nazis fanden. Hier standen die Parteien in trauter Eintracht zur Einweihung eines Straßenschildes, heimlich, ohne gelandene Gäste, versteht sich.“

Die Genoss*innen von Neukölln Watch wiesen hin auf die Verstrickung von Nazis und Polizei, vor dem Hintergrund der Neuköllner Anschläge gegen Antifaschist:innen seit 2013. Sie ließen keinen Zweifel daran, dass Vertrauen an einen Aufklärungswillen durch die Polizei ein Irrglaube ist: _“Die Bewohner:innen des Hausprojekts Jagow15 hatten nun schon mehrmals nachts mit schwerbewaffneten Polizeieinheiten zutun. Müssen wir damit rechnen, dass auch das SEK zum Einsatz kommt? Das Berliner SEK hat mehrere Kisten Munition an Neonazis vom Nordkreuz-Netzwerk weitergeben. Es ist eine gruselige Vorstellung, dass gerade diese rechtslastige Polizeieinheit den Betroffenen in Spandau aufgezwungen werden könnte.

Die Brandanschläge und Bombendrohungen sind der Beitrag von Neonazis zu einer Rachekampagne, die vor einem Monat von der Szenegröße Thorsten Heise ausgerufen wurde. Das ist eine Reaktion darauf, dass in letzter Zeit mehrere Infrastruktur-Objekte der Neonaziszene in Thüringen und Sachsen durch Antifaschist:innen unbrauchbar gemacht worden sind. Für die Neonazis war das ein harter Schlag – sie wollen jetzt vor allem sich selbst und ihresgleichen beweisen, dass sie stark und handlungsfähig sind.“_

Die Demo war angelegt als offene Kiezdemo, die möglichst viele verschiedene Menschen einlädt an ihr teilzunehmen. Das Ziel war es, Menschen aus Spandau für die Thematik rechter Gewalt in Spandau zu sensibilisieren und den Rückhalt des Hausprojektes in Spandau zu stärken. Daher wurde auf eine Blockbildung verzichtet um wie schon über die Mobilisierung einen offenen Democharackter auszustrahlen. Aus unserer Sicht ist dies teilweise gelungen. Auf der Route schlossen sich hin und wieder Familien aus dem Kiez an und gingen einige Meter mit. Grundsätzlich traf die Demo auf überwiegend zustimmende Reaktionen.

Schluss mit der Hetze gegen linke & alternative Hausprojekte!

Inhaltlich setzte die Demo den Fokus auf das gesellschaftliche Problem geistiger Brandsiftung. Hinter dem Fronttransparent “Auf der Straße und in den Parlamenten: Rechte Brandstifter verjagen!” gingen ca. 500 Leute durch Spandau. Es wurde in einem Redebeitrag der Antifa Westberlin auf die Hetze gegen linke Hausprojekte in Berlin durch Politik und Medien eingegangen: “Auch in Berlin ist die politische Agitation gegen linksradikale Wohnprojekte ein stadtpolitischer Dauerbrenner. Im Mai 2017 forderte Stefan Evers von der Berliner CDU in Bezug zur Rigaer 94 “räuchert dieses Nest von Linksfaschisten mit allen Mitteln des Rechtsstaats aus!”. Die Feindmarkierung als “Linksextremist:in” findet sich auch bei der Berliner SPD und ihrem neuen Führungsduo Raed Saleh und Franziska Giffey und ist keinegswegs nur Sprache und Agitation von NPD, AfD und Co.”

Die Demo wurde von Antifa-Strukturen organisiert und durchgeführt. Dies ist ein wichtiges Zeichen in Richtung des Spandauer Parteienfilzes von SPD bis AfD. Solange die in der BVV vertretenen Parteien es nicht schaffen sich von der AfD zu distanzieren und diese sogar akzeptieren und mit ihr zusammenarbeiten muss weiterhin Druck gemacht werden. Dies gelingt am besten durch die Stärkung der lokalen Antifa-Strukturen wie z.B. dem Spandauer Bündnis gegen Rechts.

Fotos:

PM Cheung https://www.flickr.com/photos/pm_cheung/albums/72157719186157843
Oskar Schwartz https://imgur.com/a/vzdToHy