Keine Gala für Repressionsbehörden.Gegen den europäischen Polizeikongress!

Am 4. und 5. Februar ist es wieder soweit: Wie jedes Jahr tagt der Europäische Polizeikongress, organisiert vom “Behörden Spiegel”. Es handelt sich um das größte Vernetzungstreffen von Politiker*innen, Geheimdiensten, privaten Sicherheitsfirmen und Schergen diverser Polizeieinheiten. Der Kongress wird finanziert und unterstützt von Rüstungskonzernen und Unternehmen für Sicherheitstechnik.

Ein Schwerpunktthema in diesem Jahr ist eine vermeintliche “Erosion des Rechtsstaats”, die hauptsächlich an mangelnden Befugnissen staatlicher Repressionsbehörden ausgemacht wird. Rechtsstaatlichkeit wird von diesen Leuten mit der totalen Kontrolle des Gesellschaft durch polizeiliche Kräfte, geheimdienstlicher Überwachung und politischer Einflussnahme gleichgesetzt. Die Erzählung von einer “Erosion des Rechtsstaats” dient einzig dem Zweck der Institutionalisierung eines Ausnahmezustandes, welcher alleine durch Aufrüstung gegen den Feind im Innern in den Griff zu bekommen sei. Diese Erzählung ist notwendig, um die repressive Sicherheitsarchitektur weiter auszubauen und letzten Endes auch die Definitionshoheit darüber zu behalten, was noch demokratisch ist und was eben mit allen Mitteln bekämpft werden muss. Hier tritt zu Tage, was schon länger zu beobachten ist: Die Polizei selbst wird zum politischen Akteur und versucht vermeintliche Feinde zu markieren. Diese sind, wie nicht anders zu erwarten, jene Gruppen und Strukturen, die sich unabhängig von den Institutionen des Staates und seiner Einflussnahme organisieren. So wird also auch in diesem Jahr dem “Extremismus” erneut der Kampf angesagt werden.

Der Polizeikongress ist eine Veranstaltung auf der es von extremen Überwachungsfans und Vertreter*innen eines autoritären Staates nur so wimmelt. Die Verzahnung von Behörden, Politik, Geheimdiensten und Rüstungsfirmen ist der Weg in den sogenannten tiefen Staat. Der Begriff soll hier keine verschwörungstheoretische Leerstelle füllen, sondern knüpft konkret an Erfahrungen, etwa aus der Türkei an, wo Seilschaften aus Militär, Polizei und einigermaßen demokratisch gewählten Amtsträgern unterhalb des öffentlichen Radars an dem autoritären Umbau des Staates zimmern. Auf dem anstehenden Polizeikongress werden sich massenhaft Leute mit ebensolchen Ambitionen wiederfinden.
Ein prominenter Fan dieses Projekts ist mit dem sächsischen Verfassungsschutzchef Gordian Meyer-Plath beim diesjährigen Polizeikongress auf dem Podium zu “Rechte Gewalt und Rechtsextremismus in Europa” vertreten. Innerhalb des Verfassungschutz es konnte Meyer-Plath u.a. durch die Billigung rechtsterroristischer Strukturen Karriere machen. So gilt Meyer-Plath als früher Mitwisser der Existenz des NSU. Bereits 1998, damals noch in Diensten des brandenburgischen Verfassungsschutzes, wurde dieser von seinem V-Mann Carsten Szczepanski über das “Trio” und deren Bewaffnung über Blood&Honour-Kontakte informiert. Szczepanski wurde 1994 als V-Mann in Untersuchungshaft von Meyer-Plath angeworben, trotz oder gerade wegen seines missglückten Mordanschlags auf den Lehrer Steve Erenhi.
Für Meyer-Plath war die Tötungsabsicht Sczcepanskis kein Hindernis – später platzierte er sein Schützling direkt in den NSU-Unterstützerkreis in Sachsen. Meyer-Plath konnte sich wie viele weitere Geheimdienstleute aus den Untersuchungsausschüssen herauswinden, mit der Begründung, dass ihr Handeln einem höheren staatlichen Interesse gedient hätte und sie sich so auf den Schutz ihrer Person verlassen konnten. Oder wie es der ehemalige Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Beauftragter für die Nachrichtendienste des Bundes Klaus-Dieter Fritzsche ausdrückte: „Es dürfen keine Staatsgeheimnisse bekannt werden, die ein Regierungshandeln unterminieren.“

Es könnten an dieser Stelle unzählige Beispiele genannt werden, welche das Verschweigen oder das verharmlosen faschistischer Strukturen durch staatliche Behörden dokumentieren. Der NSU-Komplex ist voll damit, genau wie viele weitere rassistische Morde oder faschistische Attentate, in denen der Staat verstrickt war und vertuscht hat. Für einen Ausbau jener Strukturen, die den NSU ermöglichten und deckten, steht der europäische Polizeikongress und viele seiner geladenen Gäste. Veranstaltungen wie der Polizeikongress sind zutiefst reaktionär, da auf diesem die Entwicklung in einen präventiv-autoritären Staat vorangetrieben wird. Ihre Utopie: ein Staat, in dem die Sicherheitsorgane jede alternative Vorstellung von Gesellschaft bereits in ihren Anfängen mit allen Mitteln bekämpfen und so den Status quo auf ewig sichern.
Die Feinde der Freiheit treffen sich am 4. und 5. Februar im bcc Berlin Congress Center. Umso erfreulicher ist es, dass dieses Jahr der „Entsichern Kongress„stattfinden wird. Eine Möglichkeit sich zu vernetzen, solidarische Strukturen und eine Gegenmacht zu diesem Elend aufzubauen. Bereits vorab wollen wir unsere Wut über den Sicherheitsapparat, der unsere Genoss*innen einknastet, Zwangsräumungen durchsetzt und uns kaum noch Luft zum atmen lässt auf die Straße tragen:

31.01.| 19Uhr | Richardplatz | Demonstration gegen den Europäischen Polizeikongress

Entsichern Kongress
01.02-02.02.2020
Schule für Erwachsenenbildung (SFE)
Gneisenaustr. 2a | Berlin